Die Schweiz ist neutral. Die Schweiz war neutral. Doch wie neutral waren die Eidgenossen nach dem 2. Weltkrieg wirklich? Während alle Welt auf das Nachkriegsdeutschland schaute, weiß man über die Zeit nach dem Krieg in der Schweiz recht wenig. Auch wenn das Land nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligt war, haben hier und da Söldner aus dem Land den großen Nachbarn unterstützt. Zudem waren für viele Industriezweige Deutschland der beste Vertragspartner und auch für das ganze Land der wichtigste Wirtschaftstreiber. Doch nachdem die Alliierten Hitler-Deutschland den Garaus machten, gab es dafür ein jähes Ende. Das Geld war nicht mehr da und die Siegermächte wollten das Land zunächst klein halten.
Genau dieser Zeit nach dem Ende des 2. Weltkriegs geht die Serie Frieden auf den Grund. Die Zeit, in der sich der Krieg mitten in die Schweiz verlagert hat. Im Mittelpunkt der Serie stehen die drei jungen Menschen Klara (Annina Walt), Johann (Max Hubacher) und Egon (Dimitri Stapfer), die sich alle in unterschiedlicher Weise mit der Nachkriegszeit auseinandersetzen müssen.

Kurz nach der Hochzeit von Industriellentochter Klara und Johann, muss dieser die Geschäfte in der Firma von Klaras Vater übernehmen, während es dem Unternehmen immer schlechter geht. Klara, die sich in einem Heim engagiert, muss dort mit jungen KZ-Überlebenden aus Buchenwald arbeiten, die sie mehr und mehr an sich heranlassen. Und Johanns Bruder Egon, der während des Kriegs als Grenzsoldat den Krieg außerhalb des Landes halten sollte, arbeitet mittlerweile bei der Polizei und jagt Nazis, die sich in der Schweiz versteckt haben.
Die SRF-Serie, die von Petra Volpe geschrieben und von Michael Schaerer (Die kleine Hexe) inszeniert wurde, erhielt zwei Schweizer Filmpreise für die Beste Darstellerin und den Besten Darsteller. Die Serie erscheint am 30. April 2021 auf DVD im Verleih von Polyband und ist aktuell in der ARTE-Mediathek zu sehen.
Review
Die Serie Frieden zeigt ein Bild der Schweiz auf, das man hierzulande nicht kennt. Welche Verbindungen die Schweiz während des Krieges zum großen Nachbarn Deutschland hatte, ist nicht so ein großes Thema wie die Verbrechen der Nazis von der Machtergreifung bis zum Kriegsende. Deutschland war während des 2. Weltkrieges der wichtigste Handelspartner für die Schweiz. Kaum verwunderlich, dass auch die Eidgenossen nach dem Ende des Krieges unter den Folgen der Besetzung Deutschlands durch die Alliierten leiden mussten.
Bedrückend beginnt die Serie, als mehrere Busse mit Jugendlichen am Heim ankommen. Diese jüdischen Jugendlichen sind Überlebende aus dem Konzentrationslager Buchenwald, die eine neue Zukunft in der Schweiz bekommen sollen. Doch der Leiter des Heims möchte die Jugendlichen direkt weiterschicken, da es keine Kinder sind. Schon zeigt sich das Schicksal der Jugendlichen: Verschleppt aus der Heimat, eingesperrt und zur Zwangsarbeit verpflichtet, befreit aus dem KZ und doch immer noch nicht frei. Niemand möchte sie haben.
Zeitgleich jagt Klaras Schwager einen vermeintlichen Nazi, der in der Schweiz Unterschlupf sucht. Als er sich tatsächlich als ein Kriegsverbrecher aus Deutschland herausstellt, wird das wahre Problem der Schweiz in der Nachkriegszeit sichtbar: Opfer und Täter zeitgleich in einem Land, das eigentlich keinen von beiden haben möchte.
Das dritte Problem ist die Wirtschaft, die eng mit der deutschen verbunden ist. Der Fabrik, dessen Chef Klaras Vater ist, geht es schlecht, da deutsche Aufträge weggebrochen sind. Natürlich werden alle drei Probleme im Laufe der Serie ineinander verwoben. So möchte Johann einen deutschen Chemiker einstellen, der eventuell ein Kriegsverbrecher sein könnte und dessen Tochter ein gewaltiges Problem mit den Bewohnern aus dem Heim von Klara hat. Hier zeigt sich, wieso die Serie den internationalen Titel Labyrinth of Peace – Labyrith des Friedens – trägt. Denn der Frieden in der Schweiz ist auch nach dem eigentlichen Ende des Krieges nicht wirklich spürbar.
In der älteren Bevölkerung und auch in der Politik gibt man sich lieber mit den aus Deutschland geflüchteten Kriegsverbrechern ab, als mit den oben bereits erwähnten Jugendlichen, denen man jegliche Lebensgrundlage genommen hat. Die drei Hauptcharaktere möchten dem entgegenwirken, können jedoch nur an der Oberfläche der auch in der Schweiz in die Hirne der Menschen eingebrannten Ideologie des Dritten Reiches kratzen.
Ein interessanter Einblick in die Schweiz nach dem Krieg. Die Charakterentwicklung ist ebenso wie die schauspielerische Leistung brillant. Mit dem Budget von rund acht Millionen Franken – nicht viel im Vergleich zu anderen historischen Serien wie etwa Babylon Berlin mit rund 25 Millionen Euro für die erste Staffel, macht die Serie doch einiges her. Auch wenn der Einstieg ein wenig schwerfällt, und die ganze Faszination erst im Laufe der Serie aufkommt, möchte man doch die ganzen sechs Episoden am liebsten direkt hintereinander sehen. Nahezu ein Alleinstellungsmerkmal für eine Serie aus der Schweiz, die auch noch vom staatlichen Sender kommt. Einziges Manko bleibt die Art der Vorschau am Ende einer jeden Episode, die schon einiges an Spannung vorwegnimmt. Zu hoffen bleibt, dass eine zweite Staffel der Serie den Weg auch zu uns findet.