Black Adam: Mehr Schein als Sein?

von Mischa Briese
19.11.2022 | 16:00 Uhr
Ich bin gleichermaßen schockiert, wie auch maßlos enttäuscht. Dabei waren meine eigenen Erwartungen an den Film schon äußerst niedrig. Also mal so richtig niedrig, damit wir uns von Anfang an nicht falsch verstehen. Dennoch habe ich mich von einer der penetrantesten PR-Maschinerien Hollywoods einlullen lassen. Nein, ich bin darauf reingefallen – und das schmeckt mir ganz und gar nicht. Eigentlich wollte Dwayne Johnson mit seiner Comic-Adaption des Antihelden Black Adam das gescholtene DC Extended Universe zu neuem Glanz verhelfen, aber mit diesem ambitionierten Vorhaben ist er sang- und klanglos gescheitert. Dabei versprach er jahrelang immer wieder mit erhobenen Hauptes in unzähligen Interviews und hunderten Storys auf Instagram, dass mit „Black Adam“ nichts mehr wie vorher sein wird. Damit hatte er gewissermaßen auch vollkommen Recht, aber leider im negativen Sinne. Nach meinem Besuch im Kino erwies sich sein selbst ernannter Gamechanger als laues Lüftchen. Ich habe selten einen Film gesehen, der dermaßen viel von anderen Filmen kopiert. Die Macher haben sich unter anderem von „300“, „X-Men“ und diversen Marvel- wie auch DC-Adaptionen „inspirieren“ lassen bzw. bedient. Man hat alles in einen Topf geworfen, ordentlich geschüttelt und herausgekommen ist „Black Adam“. So fühlt sich der Film auch an. Lieblos und zusammengeschustert. Ohne jegliche Inspiration und Mut für Neues. Umso mehr ist es eine Inszenierung eines Mannes, dem scheinbar alles gelingt – und abermals seine Machtposition in Hollywood zementieren will. Warum „Black Adam“ als IMAX-Film angepriesen wird, erschließt sich für mich nicht. Weder das Bild, noch der Ton waren in gewohnter Qualität des Kino-Systems. Ziemlich ernüchternd ist zudem die nackte Tatsache, dass es im gesamten Film nicht eine IMAX-Szene gibt. Während einige Filme komplett im IMAX-Format gedreht werden oder bestimmte Szenen, findet man in den 125 Minuten derartiges nicht vor. Man kann also von einer dreisten Mogelpackung sprechen. Der Ton soll zwar in IMAX-Qualität sein, aber davon merkt man nicht viel. Man kann also besser den Aufpreis in eine Tüte Popcorn investieren. Lorne Balfe hat sich vor vielen Jahren als Co-Komponist und Ghostwriter für Hans Zimmer einen Namen gemacht, aber diesmal dürfte sich selbst sein Mentor in Grund und Boden schämen. Der Score klingt wie eine billige Kopie von „Man of Steel“, die man kurz vor Fertigstellung der Dreharbeiten bei Wish bestellt hat. Es ist ein wilder Mix aus bekannten DC-Verfilmungen und wirren Tönen. Wenn Black Adam in Erscheinung tritt, ertönt ein Theme, dass stark an Superman erinnert, aber mit keinem Ton die Klasse von Zimmers Score erreicht. Anders kann ich diesen Totalausfall nicht beschreiben. Das Beste am Film war die Post-Credit-Szene, aber das ist selbstverständlich für eine positive Gesamtbewertung viel zu wenig. Ob daraus überhaupt etwas entsteht, wird sich noch zeigen. Warner Bros. Discovery sollte vorrangig erst einmal den selbst verursachten Scherbenhaufen beseitigen. Mit „Shazam! Fury of the Gods“ und „Aquaman and the Lost Kingdom“ stehen Anfang und Ende 2023 noch zwei prominente DC-Superhelden in den Startlöchern. Zudem muss noch das Schicksal von „The Flash“ endgültig besiegelt werden. Das ewige Hin und Her um Hauptdarsteller Ezra Miller hat seinen Tiefpunkt schon lange erreicht. Bisher hat es zu keinem Ergebnis geführt. Eine peinliche Farce für eines der größten Hollywood-Studios, wenn man mich fragt. Meiner Meinung nach befinden wir uns aktuell am Scheidepunkt, was Comic-Adaptionen generell betrifft. Es ist der Anfang vom Ende. Hatte Marvel mit seinem Cinematic Universe bis „Avengers: Endgame“ und das DC Extended Universe mit „Zack Snyder's Justice League“-Trilogie noch Filme mit sensationellen Einführungen der Charaktere sowie gutem Storytelling, befinden wir uns inmitten von einfallslosen Ideen, und Superhelden-Storys aus der 3. bis 4. Reihe. Ausnahmen gab es zuletzt nur noch mit „Joker“ und „The Batman“ von DC, aber beide Filme gehören nicht zum Extended Universe. Darin sehe ich eine große Chance für Warner Bros. Discovery. Das von Anfang an verkorkste DC Extended Universe sollte aufgegeben werden. Dafür sollte sich das Studio auf eigenständige Projekte konzentrieren. Die Zahlen der zuvor genannten Standalone-Filme sollte eine Entscheidung in diese Richtung normalerweise erleichtern.